Rottweiler fiel Neunjährigen an
Mit lebensgefährlichen Verletzungen wurde am Samstagnachmittag ein neunjähriger Junge in das Kassler Kinderkrankenhaus Park Schönfeld eingeliefert, nachdem er am Hundeübungsplatz Empfershausen von einer Rottweiler-Hündin angesprungen und gebissen worden war.
Sie habe seinen Sohn am Hinterkopf gepackt und geschüttelt, erzählt der Vater Peter Künzi aus Söhrewald. Der Rottweiler fügte dem Jungen schwere Bissverletzungen an Kopf, im Gesicht, an der Schulter, am Arm und am Bauch zu. Mittlerweile sei er außer Lebensgefahr, berichtet der Vater.
Zwei Jungen, der neunjährige Mike und ein Zehnjähriger aus Melsungen, spielten am hinteren Bereich des Geländes der Hundefreunde Empfershausen. Dort befindet sich eine Freilauffläche für Hunde, in die ein Spitzmischling und eine einjährige Rottweiler-Hündin eingesperrt waren.
Das Gatter war ge-, aber nicht verschlossen, erklärte dazu Reinhard Giesa, Sprecher der Polizeidirektion Homberg. Weshalb die beiden Jungen in den Freilauf gingen, ist nicht geklärt, so Giesa. Kein Erwachsener habe das Geschehen beobachtet. Weil der zehnjährige Junge unter Schock stand, konnte auch er nicht dazu gehört werden.
In dem Freilauf sprang der Rottweiler den Jüngeren an, der gerade einen Schokoriegel aß, und biss ihn mehrfach. Nachdem der Hund von ihm abgelassen hatte, schaffte es der Junge, zusammen mit dem Zehnjährigen, sich aus dem Freilaufgelände noch etwa hundert Meter in Richtung der Hundebesitzer und Besucher zu schleppen, ehe er zusammenbrach, teilt die Polizei mit.
Vor Ort wurde das Kind erstversorgt und mit lebensgefährlichen Verletzungen umgehend in die Kasseler Kinderklinik gebracht.
Es sei ein Schock für die ganze Familie, erzählt Peter Künzi. Vor allem die Oma habe das Geschehen sehr mitgenommen. Sie habe Mike am Samstag mit nach Empfershausen genommen - zu den Hundefreunden. „Wir haben selbst fünf Hunde“, „und dann sowas“, ringt Künzi um Fassung. Seine Mutter und seine Ehefrau mögen Hunde gerne. Berner Sennenhunde, Schäferhund und Collie tummeln sich bei ihnen zuhause.
„Es hat keiner gewarnt, dass der so stark bissig ist“, kritisiert er. Zwar habe die Hundebesitzerin angeblich gesagt, dass die Kinder nicht hinein gehen sollen, „aber ein neunjähriges Kind hört nicht so auf Kommando“. Seines Erachtens nach hätte der Hund angeleint sein und einen Maulkorb tragen müssen.
Hundehalterin ist eine 23-jährige Frau aus Homberg. Gegen sie wurde ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet.
Daneben werden die Verantwortlichkeiten von Platzwart, Übungsleiterin und Hundebesitzerin geprüft, berichtete Giesa. Das Ordnungsamt Homberg verfügte am Montag einen Leinen- und Maulkorbzwang für die Rottweiler-Hündin namens Pepper. Außerdem wurde der Halterin eine Frist gesetzt, bis wann sie ein Wesensgutachten heranschaffen muss.
„Schlimm und dramatisch“, so kommentierte Empfershausens Ortsvorsteher Jochen Albrand den Vorfall, „dass sich ein Kind solche Verletzungen zuziehen kann.“ So etwas dürfe nie wieder passieren. Zumal es für den Empfershäuser Nachwuchs einen Spielplatz am Dorfgemeinschaftshaus gebe, hinter dem der Hundeübungsplatz liegt.
Die Empfershäuser Hundefreunde nähmen ihre Sache sehr ernst, erzählt er, „aber es gebe immer mal jemanden, der fahrlässig handelt.“ Das sieht auch der Vater des verletzten Jungen so: Er sei entsetzt gewesen über die Hundehalterin, deren Interesse nur ihrem „armen Hund“ gegolten habe. „So einer gehört der Hund abgenommen“, sagte er.
Die jüngste Operation am Montagmorgen habe sein Sohn gut überstanden. Ärzte legten ihm eine Art Dränage am Arm, damit die Wunden ausgespült werden können. Wegen der Infektionsgefahr könnten die Bisse nicht genäht werden.
HINTERGRUND: Nicht als Kampfhund eingestuft
Rottweiler gelten nicht als Kampfhunde, erklärt Reinhard Giesa, Sprecher der Polizeidirektion Homberg. Sie gehören nicht zu den 15 Kampfhunderassen. Rottweiler werden als Schutzhundrasse eingestuft. Dazu zählt neben dem Rottweilern, Schäferhund, Dobermann, Riesenschnauzer, Boxer, Hovawart und Airdale-Terrier.
Für Fälle, wie er sich in dem Körler Ortsteil Empfershausen ereignet hat, sind die örtlichen Ordnungsämter zuständig. Nach dem Hessischen Gesetz für Sicherheit und Ordnung ist für die Einhaltung der Hundeverordnung das Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde zuständig, in der Hund gemeldet ist.
(HNA, 27.08.02 ALE)
Lesermeinung
Hund
gehört erschossen
Zum
Thema: Kind von Rottweiler angefallen
Wieder
wurde ein Kind von einem Hund angefallen und schwer verletzt,
dieses Mal zwar von keinem so genannten Kampfhund, sondern von
einem Rottweiler, aber letzten Endes mit den selben schlimmen
Folgen für das Opfer.
Auch
wenn sich viele Besitzer von Rottweilern wahrscheinlich heftig
dagegen wehren werden, dass diese Rasse in einen Topf mit
Kampfhunden geworfen wird, so sind diese Hunde doch nicht
minder gefährlich und von vergleichbarer Beißkraft.
Dieses
ist nicht der erste Fäll und wird leider auch nicht der
letzte sein. Viele Rottweiler sind ohne Frage, wie übrigens
auch viele Schäferhunde, die heute durch völlig falsche
Zuchtauswahl größtenteils zu ebenso unberechenbaren Beißern
geworden sind, höchst gefährlich, so dass
diese Rasse ebenfalls mit in die Liste der gefährlichen Hunde
aufzunehmen ist.
Für
sie muss in allen Bundesländern die volle Schärfe des
Gesetzes genauso zur Anwendung kommen, wie für Kampfhunde,
also Leinenzwang, Maulkorb, Wesenstest und möglichst auch
noch ein polizeiliches Führungszeugnis für den Halter.
Völlig
unverständlich ist für mich, dass die Halterin im Nachhinein
noch ein Wesensgutachten heranschaffen muss. Dieser Hund hat
doch den Beweis seines gefährlichen Wesens bereits erbracht
und gehört infolgedessen erschossen. Es gibt so viele schöne
und interessante Hunderassen, deshalb verstehe ich nicht, dass
manche Leute es anscheinend für ihr unter- entwickeltes
Selbstwertgefühl nötig haben, sich einen so gefährlichen
Hund anzuschaffen.
Burkhard
Schrader, Gudensberg
Rangordnung
muss geregelt werden
Zum
Thema: Rottweiler fiel Neunjährigen an
so etwas darf nie wieder passieren", konstatiert
Ortsvorsteher Jochen Albrand ganz richtig. Die Hauptursachen
solcher gefährlichen Zwischenfälle sind die Unkenntnis
des/der Besitzers/in über das Wesen seines/ ihres Hundes
und die fahrlässige Einschätzung: „Der tut ja
nichts!"
Die
Rangordnung zwischen Mensch und Hund muss unbedingt geregelt
sein, der Hund steht immer unter jedem Familienmitglied. Wenn
das der Halter nicht beachtet, bleibt das Tier immer
unberechenbar, egal, welcher Rasse es angehört und wie groß es
ist.
Hunde
sind nicht - so die Urteile verschiedener Oberlandesgerichte -
schon auf Grund ihrer Rasse zwangsläufig aggressiv und
gefahrlich. Auch Hunde sind individuell verschieden . Die
Erziehung ist wesentlich, und wenn sich der Hund in irgend einer
Weise aggressiv zeigt, muss
er zu friedlichen Verhaltensweisen von seinem „Leittier
Mensch" gezwungen werden. Dann entsteht eine gesicherte
Rangordnung. Der Hinweis, dass kleinere Rassen den größeren
vorzuziehen sind, ist keine Lösung. Wer seinen Hund nicht
erziehen und sich nicht sachkundig machen will, sollte sich
keinen anschaffen.
Es
gibt reichlich Angebote und Gelegenheiten, in autorisierten
Hundevereinen seinem Vierbeiner das ABC richtigen Verhaltens
beizubringen.
Das
richtige Verhalten des Hundebesitzers fängt schon beim „Gassigehen"
an: immer anleinen, wenn man anderen Menschen oder Menschen mit
Hunden begegnet. Der andere weiß nämlich nicht, ob der Hund
belästigt oder gar Schlimmeres im Schilde führt.
Reinhold
Nieding,
Vorsitzender der des Melsunger Schäferhundevereins
HNA
29.08.02