Verlauf: -> Startseite -> 700 Jahre Wagenfurth 

Die Wagenfurther Wasserinteressenten

Im Jahre 1906 gründeten 13 Wagenfurther Hausbesitzer eine „Wasserversorgungs-Genossenschaft.“ Bis zu dem Zeitpunkt entnahmen die Einwohner das Trinkwasser aus etwa 10 Brunnen, die sich auf ihren Grundstücken befanden oder in unmittelbarer Nähe lagen. Das sogenannte Brauchwasser und Wasser für die Tiere holte man zumeist aus der Fulda.

Weil mehrere dieser Brunnen vor allem in Trockenzeiten nicht genügend Wasser lieferten, strebte man im Dorf schon relativ früh eine zentrale Wasserversorgung an. Zu diesem Zweck wurden im Jahre 1898 im Grummesgraben drei Quellen gefasst. Danach hat man über mehrere Jahre die Schüttung gemessen. Als man sich sicher war, dass reichlich Wasser zur Verfügung stand, baute man am Hang einen kleinen Hochbehälter und verlegte gusseiserne Leitungsrohre bis ins Dorf. Diese Arbeiten erfolgten weitgehend in Eigenleistung.

Mehrere Hauseigentümer wollten auf ihren eigenen Brunnen nicht verzichten, denn sie waren überzeugt, dass dieser ihnen stets genügend gutes Wasser liefern würde. Deshalb waren es im Jahre 1906 nur dreizehn Hausbesitzer, die sich zu der bereits erwähnten Genossenschaft zusammenschlossen. Man nahm sich die damals gegründeten Raiffeisengenossenschaften als Vorbild. Wer Mitglied werden wollte, musste ein Anteil erwerben. Damit erhielt er auch das Stimmrecht. Jeder „Wassergenosse“ erwarb damals ein „Wasserrecht“ (=Anteil). Später wurde die Gesellschaftsform geändert. Man nannte sich nun „Wasserinteressenten Wagenfurth“. Bis heute ist die Anzahl der sogenannten „Wasserrechte“ konstant geblieben.

Im Laufe der Jahre mussten die Interessenten feststellen, dass der Hochbehälter zu klein war. In den Tageszeiten mit geringerem Verbrauch floss viel Wasser durch den Überlauf in den Graben. Zu den Zeiten mit Spitzenverbrauch hingegen war der Vorrat im Hochbehälter schnell aufgebraucht. Deshalb baute die Interessengemeinschaft im Jahre ..... ebenfalls im Grummesgraben einen größeren Behälter. Mit der Zeit nahm der Bedarf ständig zu. Die Quellenschüttung reichte schließlich nicht mehr aus. So entschloss man sich, im Fuldatal unweit der Brücke eine dort vorhandene Quelle zu nutzen. Im Jahre 1956 wurde diese Quelle gefasst. Mit Hilfe einer elektrischen Pumpe gelangte das Wasser in den vorhandenen Hochbehälter. Doch schon bald erkannte man, dass diese Maßnahme nicht ausreichend war. Für die Versorgung der höher gelegenen Häuser fehlte oft der erforderliche Druck. deshalb verzichteten die Interessenten ganz auf die Nutzung eines Hochbehälters. Das Wasser erhielt jetzt durch eine Pumpe den notwendigen Druck, damit es alle Zapfstellen erreicht. Wie bisher letzte Investition war eine Entsäuerungsanlage, die im Jahre 1997 eingebaut wurde. Die „Wagenfurther Wasserinteressenten“ unterliegen den gleichen Vorschriften, die auch für die größeren Wasserwerke gelten. Zu Beginn des Jahres 2002 wurden in der Ortslage alle Wohngrundstücke aus den Leitungen der „Wasserinteressenten“ beliefert. Die Wochenendhäuser sind an das Grebenauer Leitungsnetz angeschlossen.

Eine besondere Regelung  wurde für den Aussiedlerhof Reinbold gefunden. Als der Hof im Jahre 1964 in der Gemarkung gebaut wurde, lag der Hochbehälter niedriger als der Bauernhof. Der damalige Besitzer Erhard Reinbold erhielt die Erlaubnis, Wasser aus der im Jahre 1956 gefassten Quelle zu entnehmen und über die in Eigenleistung verlegten Rohre mit Hilfe einer eigenen Pumpe zu seinem Grundstück zu leiten.

Zu Beginn des Jahres 2003 besitzen folgende Wagenfurther Familien je ein „Wasserrecht“ (Anteil): Freudenstein, Lanzenberger, Schwarz, Schmidt, Niemand, Emmeluth, Riemenschneider, Sohl, Wolfram (Melsungen) jeweils zwei „Wasserrechte“ haben die Familien Griesel und Osterberg.

Als feststand, dass Wagenfurth an die Körler Kläranlage angeschlossen wird und im gesamten Ortsteil Kanalrohre verlegt werden sollten, stellte die Gemeinde Überlegungen an, die Wasserversorgung des Ortsteils zu übernehmen. Für eine solche Regelung sprachen folgende Argumente: Die Gemeinde Körle ist verpflichtet, die Trink- und Löschwasserversorgung sicherzustellen. Mit der Verlegung der Kanalrohre ergab sich die Chance, unter kostengünstigen Bedingungen ein öffentliches Wasserversorgungsnetz auch in Wagenfurth aufzubauen. Die zuständigen Gemeindegremien waren davon überzeugt, dass aus dem Behälter der Wasserinteressenten eine Löschwasserversorgung nicht gewährleistet ist; so dass ein Anschluss an Körle eine verbesserte Sicherheit für die Wagenfurther Bürger mit sich bringt. Dies gilt vor allem für die höher gelegenen Gebäude, die zudem relativ weit von der Fulda entfernt liegen. Berücksichtigt wurde auch der Umstand, dass die Leitungsrohre der Interessenten etwa 100 Jahre alt sind und bessere Druckverhältnisse erreicht werden sollten.

Deshalb beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Körle am 28. Mai 2001, zur Sicherstellung der Lösch- und Trinkwasserversorgung eine Verbindungsleitung von Körle nach Wagenfurth zu bauen, an die das Neubaugebiet „Auf dem Loh“ angeschlossen wurde. Ebenfalls verlegt wurde eine Hauptleitung in der „Unteren Fuldatalstraße“, die zunächst der Löschwassersicherstellung dient.

Der Gemeindevorstand erhielt zudem den Auftrag, zur Versorgung der übrigen Wagenfurther Häuser mit Trinkwasser eine Vorlage für eine Vereinbarung mit den Wasserinteressenten zu erarbeiten. Der Gemeindevorstand schlug vor, die Wasserinteressenten sollten ihr Recht auf Wasserversorgung aufgeben, als Gegenleistung hätten sie sich beitragsfrei an das öffentliche Netz anschließen können. Die Wasserinteressenten lehnten dieses Angebot ab und forderten stattdessen die Kostenfreiheit für einen Neuanschluss, einen 50%igen Rabatt auf die Kanalbeiträge und 15 Jahre Befreiung von den Wasser- und Kanalgebühren. Diese Forderung lehnte wiederum die Gemeinde ab. Bei einem zweiten Einigungsversuch war die Gemeinde bereit, alternativ zur Beitragsbefreiung pro „Wasserrecht“ (Anteil) 4000 € an die Wasserinteressenten zu zahlen. Das stieß wiederum bei der Gegenseite auf Ablehnung, diese beruft sich auf den Eingliederungsvertrag zwischen den Gemeinden Wagenfurth und Körle aus dem Jahre 1971.

Trotz der gescheiterten Einigungsversuche verlegte die Gemeinde beim Bau der Kanalisation im Jahre 2002 die Wasserleitungsrohre und baute eine Verbindungsleitung nach Körle. So kam es praktisch zu einer Doppelversorgung in Wagenfurth.

Stand: 15.06.03 12:59, (c) www.koerle.net 

 

Zurück