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Interessante
Entdeckungen am Fachwerk
Wagenfurth
hat nicht nur eine geradezu einmalige spätgotische Kapelle, man
findet hier auch noch mehrere Fachwerkhäuser, die bei genauer
Betrachtung einige ganz interessante Informationen liefern. Zunächst
macht man die Entdeckung, dass die meisten der Gebäude in der Zeit
von 1700 bis 1750 entstanden, und dass offensichtlich die
Zimmerleute aus einer Familie Hennecke stammen. Obwohl die
Schreibweise des Namens leicht variiert (Henncke, Henckel usw.) dürfte
es sich um die gleiche Familie handeln, denn solche
Namensabweichungen waren damals durchaus üblich. So steht zum
Beispiel am Wohnhaus der Familie Freitag (früher: Hardung) die
Jahreszahl 1726. Als Bauherr wird Johannes Hardung genannt; daneben
finden wir noch die Namen der Zimmermeister Christian Henncke und
Johann Henncke. An der Scheune des Gehöftes Freitag findet man die
Jahreszahl 1747 und die Buchstaben: B.H.I.HD – Z.M.IHK, was
offensichtlich bedeutet: Bauherr Johannes Hardung – Zimmermeister:
Johann Henncke.
Am
Wohnhaus der Familie Lanzenberger erkennt man die Inschrift; ANNO
1707 und den Namen des Bauherrn Melcher Weinrich. Zimmermeister war
hier Jost Henckel. Die Scheune des Gehöftes Griesel, die entlang
der „Unteren Fuldatalstraße“ steht, trägt die Inschrift:
Johann George Kriesel 1737. An einer weiteren Scheune des gleichen
Gehöftes liest man: ZM – HK UND PD B.H. I K 1742. Hier ist neben
dem Zimmermeister Henncke noch ein weiterer mit der Abkürzung PD tätig
gewesen. I K steht wohl wieder für Johan Kriesel.
Das
Haus „Untere Fuldatalstraße Nr. 15“ trägt über der Haustür
eine Tafel: „Gottes Güte und Treu ist alle Morgen neu ANNO
1706“. Diese Tafel soll nach mündlicher Überlieferung der
ehemalige Besitzer Johannes Reinbold auf dem Boden des Hauses
entdeckt haben. Demnach handelt es sich wohl um ein Original aus der
Bauzeit. Besonders interessant ist das Haus Nr. 10, ebenfalls in der
„Unteren Fuldatalstraße“. Hier finden wir wieder die Namen:
Christian Henckel und Johannes Henckel (mit einem „n“
geschrieben) und die Jahreszahl 1722. Den Namen des Bauherren kann
man nicht erkennen. Ob es das Haus der Zimmerleute war? Man kann
unschwer sehen, dass das Gebäude mehrere Umbauten erfahren hat.
Besonders interessant ist der Spruch über der Haustür, den man
leider nur schwer entziffern kann. Er könnte etwa lauten: „Mit
Gott tu alles fangen an – so wirst du Glück und Segen han.
Menschen Fleiss gar nicht gelingt – wo Gott nicht seinen Segen
bringt“. Dieses Haus und einige andere Gebäude tragen auch
verschiedenartige Verzierungen im Fachwerk, die recht beachtenswert
sind.
Wie
schon gesagt, stammen alle bisher erwähnten Gebäude aus der Zeit
von 1700 bis 1750. Da einige alte Fachwerkgebäude schon abgerissen
wurden, das Alter anderer Wagenfurther Häuser sich nicht genau
feststellen lässt, wissen wir nicht, ob in diesem Zeitraum noch
weitere errichtet worden sind. Weshalb nun in diesen Jahren eine so
rege Bautätigkeit erfolgte, konnte ich noch nicht erkunden.
Kriegseinwirkungen waren nicht die Ursache, denn der 30jährige
Krieg lag schon längere Zeit zurück. Wie sich dieser grausame
Krieg in Wagenfurth direkt auswirkte, darüber liegen keine genauen
Quellen vor. Wir wissen nur, vor dem Krieg (1618) zählte man im
Dorf 15 Wohnhäuser, im Jahre 1650 standen hier nur 12. Fünfzig
Jahre später, also um 1700 dürften die Schäden aus dem Krieg wohl
alle beseitigt gewesen sein. In einer Ortsbeschreibung von 1744 wird
berichtet, dass es „keine Merkwürdigkeit“, wie zum Beispiel
eine Feuerbrunst, im Ort gegeben hat. Also weshalb diese rege Bautätigkeit?
Mehrere
Hausinschriften kann man an der alten Scheune des ehemaligen Gehöftes
Emmeluth erkennen (heute Werkstatt Osterberg). Die Inschriften
lauten:
„Mit
Gott und mit der Zeit tu ich meine Arbeit. Gott allein die Ehre !
Bauherr:
H. Emmeluth und Ehefrau Katharina Emmeluth – 1842“
„Wer
Gott vertraut, der hat wohlgebaut, im Himmel und auf Erden.
Wer
sich verlässt auf Jesus Christ, dem soll der Himmel werden.“
„Ob
es dir gleich sauer wird mit deiner Nahrung und Ackerwerk, das lass
dich nicht verdrießen. Denn Gott hat es so geschaffen !“
Nicht
ganz leicht zu interpretieren ist der nächste Spruch:
„Ach
wie geht es immer zu, dass mich die hassen, den ich nichts thu.
Ob
sie mir gleich nichts gönnen und nichts geben, müssen sie doch
sehen, dass ich lebe(n).
Und
wenn sie meinen, ich wäre verdorben,
müssen
sie doch für sich selber sorgen.“
Die
Fachwerkhäuser im Dorf bergen viele Geheimnisse, ob es sich nun um
alte Inschriften handelt oder um den Gewölbekeller in einem Haus in
der „Unteren Fuldatalstraße“. Wir sollten weiter auf die Suche
gehen. Vielleicht entdecken wir noch andere Spuren der Vergangenheit
und können diese mit etwas Glück entschlüsseln.
Stand: 22.06.03 00:19, (c) www.koerle.net
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