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Die
Wagenfurther Brücke und ihre Geschichte
Bau
der Wagenfurther Sandsteinbrücke im Jahr 1909
Zwischen
Röhrenfurth und Guxhagen gab es bis 1909 keine Brücke über die
Fulda. Diese Strecke, von Brücke zu Brücke beträgt ca. 9 km.
Nimmt man das linke Fuldaufer mit dem Bogen bei Büchenwerra, so war
diese brückenlose Entfernung ca. 13 km lang.
Wie
kam z.B. damals ein Grebenauer oder Wagenfurther nach Guxhagen?
Sicherlich
nur über Röhrenfurth. Es sei denn bei Niedrigwasser und gutem
Wetter durch, oder mit dem Boot über die Fulda bzw. um Büchenwerra
herum, mit dem Pferd und Wagen oder zu Fuß.
Es
waren über 30 Jahre Frieden im Land gewesen. So dachten sicherlich
die Menschen allgemein und schlechthin an die Verbesserung ihrer
Lebensqualität.
Nichts
schien den Wagenfurthern und Lobenhäusern wichtiger als eine
Verbindung zum anderen Ufer, wegen ihrer dort liegenden Ländereien,
wegen dem Bahnanschluss und der notwendigen wirtschaftlichen
Beziehungen zu Körle bzw. Guxhagen.
Man
stelle sich vor, ärztliche Versorgung wie auch Geburtshilfe, -
letztere in dieser Zeit mehr gebraucht als heute – überwiegend
von der Hebamme wahrgenommen, konnte nur aus Guxhagen oder Körle,
also vom rechten Fuldaufer kommen. Also per Schiff, wenn die Zeit über
Röhrenfurth zu knapp war.
Aber
wie schwierig war eine solche Betreuung mit dem Kahn, wenn die Fulda
großes Hochwasser führte.
Die
politisch verantwortlichen beider Gemeinden unternahmen diesbezüglich
Schritte bei der Kreisverwaltung in Melsungen. Diese war allein für
so etwas zuständig.
Nach
langem hin und her gab der Kreis sein Einverständnis.
Aber
die Standortfrage schien schier unlösbar.
Der
damalige Landrat „von Aschoff“ wollte die Brücke ca. 300 m
nordwestlich von Lobenhausen in Richtung auf den Körler Bahnhof
bauen.
Dies
missfiel den Wagenfurthern total. Selbige hatten damals, vielleicht
bedingt durch die Furt unterhalb des Dorfes, schon größere
Handelsbeziehungen zu Guxhagen. Sicherlich aus einer alten
Gewohnheit heraus.
Die
Entscheidung, die Brücke so weit nach Wagenfurth zu verlegen, zudem
gegen den Willen des Landrates, hat offensichtlich der Wagenfurther
Bürgermeister Griesel, der gleichzeitig Mitglied des Kreistages war
und zwei gute Freunde, ebenfalls im Kreistag auf seiner Seite hatte,
nämlich den Gutsbesitzer Schmidt, Breitenau, und einen Herrn Stahl
aus Melsungen, herbeigeführt.
Sein
Argument soll wie folgt gelautet haben:
„Der
Wagenfurther Standort ist nicht nur in der Mitte der drei Gemeinden,
sondern er wäre auch günstig für eine straßenmäßige
Verbindungsmöglichkeit zwischen Fulda- und Edertal, da sich hierfür
das kleine Tälchen „Grummelsgraben“ in Richtung Quiller und
Altenbrunslar anbietet.“
Wenn
wir den Standort und das zweispurige starke Brückenbauwerk aus
heutiger Sicht betrachten, ist jedem klar, dass die damaligen
Argumente der Wagenfurther, zum großen Leidwesen der Lobenhäuser,
gezogen haben.
Mit
einem riesigen Aufwand für damalige Zeiten an Zement, Sand und
gehauenen Bruchsteinen wurde 1908 begonnen und 1909 fertiggestellt
(ohne Gewähr).
Zement
musste von Melsungen mit Pferdewagen rangeschafft werden. Sandsteine
kamen zum Teil vom Bruch Fromm, Guxhagen und teils vom Steinbruch
des jetzigen Sägewerkes Dieling, Wagenfurth.
Mit
der Inbetriebnahme dieser Brückenverbindung ging ein langer Kampf
zu Ende und ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung.
Für
die Wagenfurther wurden nun die Wege zur anderen Fuldaseite
direkter, für die Grebenauer und Lobenhäuser wurden sie kürzer.
Krieg und Zerstörung
In
der Nacht zum Ostersonntag im Jahre 1945 wurde die Wagenfurther Brücke
gesprengt. Schon Ende März hatte ein Sprengkommando der deutschen
Wehrmacht Kisten mit TNT angefahren. Als dann in der Nacht vom 31. März
zum 1. April ein Spähtrupp der US – Armee sich der Brücke näherte,
erfolgte das Kommando zur Sprengung. Die Wucht der Explosion ließ
die Häuser im Dorf erzittern.
Als
der Feuerschein erloschen, die Detonation verhallt war, blieb nur
ein Rauschen übrig. Das Wasser der Fulda musste sich nun mühsam
durch Geröll, hohle Pfeiler und Steinbrocken kämpfen. Die meisten
Wagenfurther und auch einige Körler hatten die Amerikaner vergessen
und gingen zur Brücke. Viele hatten Tränen in den Augen. Drüben
am Ufer Stimmen, hüben Stimmen, aber man konnte nicht mehr
miteinander sprechen. Viele werden damals den Sinn des Wortes Brücke
zum 1 mal richtig verstanden haben.
Dann
überstürzten sich die Ereignisse.
Am
Vormittag marschierten die Amerikaner ein. Die Brücken in Grebenau
und Lobenhausen hatte mittlerweile das gleiche Schicksal ereilt.
Trotzdem sind die Amerikaner auch nach Körle gekommen, erstaunlich!
Wenn
ich jetzt das Kapitel Nachkriegsgeschichte anreiße, muss ich dies
so deuten, dass es mit einer totalen Isolation begann.
Wir
waren zwar wieder selbstständig, kein Körler Bürgermeister hatte
mehr zu sagen. Die Amerikaner verhängten Polizeistunde, abends um
18. Uhr. Man konnte früh ins Bett gehen und ohne Fliegeralarm ruhig
schlafen. Alles gut und schön.
Doch
bald merkte man was so fehlte. Mit, fahr mal schnell nach Körle und
hol mal Hefe, Zucker, Brot dies und jenes – aus und vorbei, wie
sollte man übers Wasser kommen. Nun gut, eine Hand voll Sauerteig
konnte man sich notfalls rüberwerfen lassen (Not rückt zusammen).
Doch da waren die alten Fährleute von früher schnell zur Stelle.
Die Furt wurde hüben und drüben schnell ein bisschen planiert und
schon gings mit Pferd und Wagen durch die Furt unterhalb des Dorfes
auf die andere Seite. Romantisch, und jedem wurde spätestens bei
der 1. Fahrt klar, warum es Wagenfurth heißt.
Wir
Jungens hatten ein Boot, welches von Lobenhausen kommend in den Trümmern
der gesprengten Brücke hängen geblieben war, flott gemacht und
errichteten damit eine Überfahrmöglichkeit oberhalb der Brücke.
Das gleiche wurde mit dem Fischerkahn des alten Herrn Reinbold durch
ihn, Sohn Thomas und Enkel Erhard Reinbold im Unterdorf zur ständigen
Einrichtung bis in den Spätsommer hinein, wo man das beschwerliche
Kahnfahren satt hatte und fleißige Hände einen Holzsteg
errichteten (Holz im Walde geschlagen, in Röhrenfurth bei Firma
Schneider sägen lassen).
Unterdessen
war die Firma Emmeluth, Körle beauftragt, könnte so Juni/Juli
gewesen sein, das Geröll im Flussbett zu beseitigen, die Pfeiler
und Widerlager gerade zu rücken und zu betonieren für eine
eventuelle Behelfsbrücke. Man muss wissen, Gemeinden und Landratsämter
arbeiteten schon wieder, aber es hing doch alles noch mehr oder
weniger von der Militärregierung ab.
So
wurde dann eine einspurige Holzkonstruktion mit 5 Tonnen Tragkraft
nach einer Planung der Klöckner Humbold Deutz KG vom 1.8.1945 durch
die Firma Schneider, Zimmerei in Röhrenfurth aufgebaut.
100
Zentner, das war gut und reichte für Landwirtschaft und Gewerbe zunächst
aus. Man war ja noch durch den Krieg bescheiden.
Aber
zu Beginn der 50er Jahre wurden die Dimensionen der Fahrzeuge und
Lasten größer bis dann eines Tages ein Langholzfahrzeug sicherlich
schwerer als 5 Tonnen die Brücke wieder in den Zustand eines Fußgängersteges
versetzte , denn die Vollsperrung folgte auf dem Fuß.
Gesperrt
für Fahrzeuge aller Art, hieß es laut Verkehrsschild.
Ein
Radfahrer der neben dem Rad herlief durfte ungehindert passieren,
ein fahrender Radfahrer wurde angezeigt. Gewicht war zwar dasselbe,
aber das Verkehrsschild. 10 Kühe, Gewicht ca. 80 Zentner war
erlaubt, 1 Handwagen mit Pilot ca. 3 Zentner verboten.
Dann
begann wieder eine trostlose Zeit, bis dann am 4. September 1955 die
erste Verhandlung über den Neubau in Wagenfurth stattfand
Erst im Jahre 1958 konnte die heutige Brücke dem Verkehr übergeben
werden.
Stand: 22.06.03 14:16, (c) www.koerle.net
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