ZDF: 14.10.03 - 22:15
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Grad: Kollegenschweine
Eine
Erzieherin greift zur Waffe
Annegret
Roemer wird schikaniert und kaltgestellt
Die
Erzieherin Annegret Roemer arbeitet in der Kindertagesstätte in Körle
bei Kassel. Sie hat die Einrichtung mit aufgebaut, leitet sie seit
20 Jahren. Plötzlich wird der Umgangston des Bürgermeisters
verletzend, das Vertrauen schwindet. Annegret ist verzweifelt. Sie
erträgt den Konflikt im Kindergarten nicht mehr und greift zur
Waffe. Annegret will Schluss machen.
Nach
langen erfolgreichen Jahren in der Kindertagesstätte schlägt die
Stimmung um. Der Bürgermeister, ihr Chef, zeigt keine Loyalität
mehr, Entscheidungen werden hinter ihrem Rücken getroffen,
Arbeitszeugnisse darf sie nicht mehr ausstellen und auch das
Verhältnis zu einigen Mitarbeitern wird unerträglich. Annegret
bricht zusammen und wird in eine Klinik eingeliefert. Zurück an
ihrem Arbeitsplatz geht der Konflikt weiter.
Ein
langer zermürbender Prozess
"Ich wusste, dass in unserem Tresor eine Waffe liegt. Die nahm
ich und habe mir gedacht, das geht am Schnellsten, das machst du,
das ist kein großer Krach und dann bist du weg und alle Sorgen
auch. Ich war alleine. Als ich die Waffe dann in der Hand hatte, kam
mir der Gedanke, dass ich damit vielleicht auch zu meinem damaligen
Chef gehen könnte. Ich sah keinen Sinn mehr in meinem Leben. Dann
rief meine Mutter an. Sie hat mich davon abgehalten." Es
vergeht kein Tag und keine Stunde, in der Annegret Roemer nicht an
den Konflikt in der Kindertagesstätte denkt. Um die Mutter
abzulenken, veranstalten Sohn Felix und der Vater spontane Ausflüge
und lassen nichts unversucht, ihr kleine Fluchten zu bieten.
Dann
erreicht der Kleinkrieg einen Höhepunkt. Es wird ihr untersagt,
sich als Leiterin der Kindertagesstätte auszugeben. Darüber hinaus
soll sie einen genauen Arbeitsnachweis führen - exakt und
"minutengenau". Ein Gerücht geht um, ein offenes
Geheimnis, wie eine der Mitarbeiterinnen in der Kindertagesstätte
berichtet: Die Tochter des Bürgermeisters, eine ausgebildete
Erzieherin, soll dort eingesetzt werden.
Retten,
was zu retten ist
Annegret
Roemer kommt in die Klinik Berus bei Saarbrücken. Eine der ersten
Einrichtungen bundesweit mit speziellen Angeboten für Mobbingopfer.
Der leitende Psychologe Josef Schwickerath schildert das Ziel der
Therapie: "Nach sechs Wochen ist man kein anderer Mensch. Frau
Roemer bleibt Frau Roemer, aber sie hat nach einigen Wochen hier die
Möglichkeit, sich besser zu schützen, Dinge besser anzupacken als
früher." Die meisten Mobbing-Opfer haben ihr Selbstwertgefühl
verloren, fühlen sich als Versager, unfähig und nutzlos. Oft gibt
es aus eigener Kraft keine Rettung mehr. Frau Roemer hat in der
Therapie gelernt, Abstand zu gewinnen, die Ereignisse aus der
Distanz zu betrachten.
Nach
sieben Monaten Arbeitsunfähigkeit steht der erste Arbeitstag vor
der Tür. Ihre Schwester, eine Psychotherapeutin, ist angereist, um
Annegret zu begleiten. Mehrmals muss sich Annegret Roemer an diesem
Morgen übergeben. Die Anspannung und Unruhe ist sehr groß. Zwei
Stunden täglich dauert die Wiedereingliederung in den ersten
Wochen. Nach einem halben Jahr macht die Gemeinde wieder Druck.
Annegret Roemer soll die alleinige Leitung der Kindertagesstätte
endgültig aufgeben (ZDF).
Mobbing:
Neuer Begriff für ein altes Übel - Anmerkungen
des Autors
Stand: 14.10.03 21:46, (c) ZDF www.koerle.net
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